Kommentar

Bücher brauchen Sichtbarkeit

Weniger ist machmal mehr: Wie bei „Before or Ager, at the Same Time: Rome, Milan, and Fabio Mauri, 1948–1968“, erschienen bei Hauser & Wirth, produziert von Christine Stricker. „Auf den ersten Blick: schlichter Umschlag, große Typo, keine Prägung, kein Schnickschnack; auf den zweiten Blick, bedruckter Wellpappenschutzumschlag, umgelegt um eine Fälzelbroschur, plus Einsatz von unterschiedlichen Papieren (gestrichen und ungestrichen) und Mix zwischen s/w, 4c und Sonderfarben im Inhalt.“(Bild: Hauser & Wirth, Foto: Ed Park)

Eigentlich sahen die Zahlen ja ganz gut aus. Steigender Umsatz in der Buchbranche 2019 um 1,7 Prozent. Der stationäre Buchhandel war mit 4,29 Mrd. Euro Umsatz und einem Anteil von 46,2 Prozent am Gesamtmarkt immer noch der größte Vertriebsweg für Bücher und legte im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 0,4 Prozent zu. 28,8 Millionen Menschen kauften im vergangenen Jahr mindestens ein Buch und im Schnitt erwarb jeder Käufer 12,3 Bücher im Jahr. Und dann kam Corona.

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Von Mitte März bis Mitte April blieben die Buchhandlungen in fast allen Bundesländern geschlossen; der Umsatz brach um 65,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein. Über alle Absatzwege hinweg (inkl. Bahnhofsbuchhandel, Kaufhäuser, E-Commerce etc.) ging der Umsatz im selben Zeitraum um 46,0 Prozent zurück. Bis die Buchhandlungen wieder öffnen durften, hatten sie von Januar bis Mitte April insgesamt ein Umsatzminus von 21,1 Prozent aufgebaut. Solchen Zahlen schmerzen gewaltig und wirken sich natürlich auch auf die Entwicklungen in Verlagen – und weiter zurück in der Kette – auch auf die Buchproduzenten aus. Viele Verlage beispielsweise wollen für 2020 geplante Titel auf das nächste Jahr verschieben – und manche Titel werden möglicherweise gar nicht erscheinen.

Offene Läden – steigender Abverkauf

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Kaum hatten die Buchhandlungen vor Ort wieder offen, stieg der Umsatz kontinuierlich an. Zum Halbjahr lag das Umsatzminus nur noch bei 8,3 Prozent. Die Kinder- und Jugendbücher für sich genommen verzeichneten sogar ein Umsatzplus. Und: Der umsatzstärkste Tag zwischen März und Mai 2020 war laut Börsenverein des deutschen Buchhandels der 17. März, kurz bevor die Läden dicht gemacht wurden. Offenbar hatten sich da die Leute noch schnell mit einem Lektürevorrat für den Lockdown eingedeckt. Ein deutliches Signal dafür, wie wichtig Bücher im Alltag sind!

Aber: Die Tatsache, dass weder E-Commerce noch E-Books den Einbruch in der Buchbranche auffangen konnten, macht eines ganz deutlich: Um Bücher richtig zu vermarkten, reicht der digitale Vertriebsweg nicht aus.

Nicht falsch verstehen: Dass die Einbrüche nicht noch drastischer ausgefallen sind, lag unter anderem daran, dass der Buchhandel kreative digitale Vertriebs- und Vermarktungsformen erschlossen hat. Nichtsdestotrotz brauchen Bücher Sichtbarkeit. Bücher brauchen Präsenz – und die entsprechende Präsentation.


Zur effektiven Präsentation eines Buchs gehört nicht zuletzt die passende Gestaltung des Covers: was dieses leisten kann und muss, hat im neuen Deutscher Drucker unsere Autorin Nicola Scheifele herausgearbeitet und viele schöne Beispiele zusammengetragen. Einfach mal reinlesen.

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